Nachtrag/BWL -Ein Mittel zur Verrohung der Gesellschaft! //Was kommt nach Corona?

 

„Man kann nicht zweimal in den gleichen Fluss steigen!“

Heraclitus Ephesius; * um 520 v. Chr.; † um 460 v. Chr.

 

Noch ist Corona ein aktuelles Thema und unser Leben wird von Einschränkungen bestimmt.

Wer hat noch vor Monaten damit gerechnet, dass uns in unserer zivilisierten Welt etwas derartiges treffen kann?

Aber langsam begreifen wir,  die globale Vernetzung und unsere Reiselust haben ihren Preis.

Bevor wir uns von den Folgen der Pandemie erholen, braucht es Zeit. Eine große Anzahl Firmen kann ihre finanziellen Verluste nicht mehr abfangen. Und für manche, die bereits vor der Krise durch Kredite hoch verschuldet waren, zeichnet sich das endgültige Aus ab.  Als „Zombie-Firmen“ hat sie ein Gastsprecher im DLF bezeichnet.  Wie kann einem nur solch eine widerliche Kröte aus dem Hals springen? Aber das ist so in unserer Gesellschaft. Verdient man an Dir, wirst du umschwärmt. Liegst du am Boden, erntest du Häme und Tritte von allen Seiten. 

Bis zum 26. April waren 10,1 Millionen Arbeitnehmer in Kurzarbeit. Die Arbeitslosenzahlen gehen nach oben. Es werden Lebenspläne zerstört und Existenzen vernichtet. Das sind die eigentliche Probleme, vor denen wir stehen. Da stellt sich schon ernsthaft die Frage, wie wir aus dieser Situation wieder in die Normalität finden? Aber was ist bei den schlechten wirtschaftlichen Aussichten normal? 

Was die einen umhaut, spornt andere zu kreativen Höchstleistungen an. Einige Strategen haben die Gunst der Stunde entdeckt. Sie versuchen finanzielle Vorteile für sich und ihresgleichen zu organisieren. Nein! Ich meine damit nicht die kleinen Ganoven, die beantragte staatlichen Gelder abfangen und ins Ausland transferieren, während die Antragsteller auf die dringend benötigten Hilfen warten. Ich meine die andere Gruppe „Spezialisten“, die der Regierung Hilfsleistungen für ihre Konzerne abpressen wollen. Da war sich doch ein Herbert Diess nicht zu schade, mit der unverschämten Forderung nach einem staatlichen Konjunkturprogramm für die Automobilindustrie,  an die Öffentlichkeit (TV) zu gehen. Dieser bedauernswerte Mann hat 2019 gerade mal 7 Millionen Euro als Jahressalär in die eigene Tasche gesteckt. Vielleicht bekam er es mit der Angst, zukünftig am Hungertuch nagen zu müssen, wenn sein Einkommen 2020 geringer ausfällt. Nun kauft er, seines Zeichens Vorstandschef bei VW, wie unlängst die - Welt-  online berichtete, vorsorglich Aktien seines Arbeitgebers im Dauerauftrag und kassiert somit zukünftig noch ein kleines Zubrot bei der Ausschüttung der Dividende. Natürlich hat er bei seiner Forderung nach einer staatlichen Konjunkturspritze die Interessen der Aktionäre wie seine eigenen im Sinn und nicht die Interessen der VW- Arbeitnehmer. 80000 an der Zahl schickte VW bisher am Stammsitz Wolfsburg sowie an den Standorten Emden, Hannover, Osnabrück, Zwickau, Dresden und in den Komponentenwerken Braunschweig, Salzgitter, Kassel, Chemnitz sowie bei der Sitztechnik-Sparte Sitech in Kurzarbeit. Das vorgeschlagene Konjunkturprogramm ist keineswegs selbstlos, sondern der Versuch über den Umweg -Konsumanreiz- öffentliche Gelder in den Konzern zu pumpen. Nur um den eigenen Gewinn zu sichern. Hat ja in Teilen schon einmal geklappt. Wenn auch nicht ganz im Sinne der Erwartungen der deutschen Autoindustrie. Mit der Abwrackprämie 2009 und der unsinnigen Verschrottung  guter fahrtüchtiger Fahrzeuge wurde nicht, wie erwartet, nur der deutsche Neuwagenmarkt gepusht, sondern ein erheblicher Anteil der Förderung floss in den Absatz ausländischer Fabrikate, vorbei an den Kassen der deutschen Autoindustrie. Im Übrigen wurde damals bei dieser Maßnahme der Gebrauchtwagenmarkt ganz schön aufgemischt, besser gesagt, leergefegt. Gebrauchtwagenhändler gingen dabei zugrunde. Die Umweltbelastungen wurden auch nicht reduziert. Wie auch? Junge Leute, das typische Kundenklientel dieses Marktsegmetes, hatten das Nachsehen. Neuwagen waren für sie trotz Förderung nicht erschwinglich und die guten Gebrauchten lagen gepresst und gestapelt beim Schrotthändler. Lediglich die auf Halde produzierten Neuwagen wurden an den Mann und an die Frau gebracht. Um eine neue und umweltverträglichere Generation Fahrzeuge ging es in Wirklichkeit bei dieser Aktion nicht. Der Absatz war stagniert und musste wieder auf Trab gebracht werden. Bis sich der Gebrauchtwagenmarkt von dieser Aktion erholte, dauerte es gut zwei Jahre. Wer sich einen Neuwagen leistete, die Abwrackprämie kassierte, schob manchmal wahre Schätzchen in die Schrottpresse. Ebenso lange dauerte es noch, die Zahl der tatsächlichen Uraltstinker von unseren Straßen zu verbannen. Der Staat löhnte, die Umweltbelastungen stiegen trotzdem. Aber wen interessiert das heute noch? Jetzt soll es nach Vorstellungen der Automobilindustrie zu einer Neuauflage dieser Marktförderung kommen. Bezahlt vom Steuergeld derer, die beim Dieselskandal schon einmal skrupellos über den Tisch gezogen und mit einer lächerlichen Betrugsentschädigung abgespeist wurden. Das ist schon mehr als nur (Pardon) kackedreist. Auf Dividende verzichten, um somit das Unternehmen zu stützen, dieses Ansinnen wäre wohl von den Aktionären nicht zu erwarten. Da greift man doch lieber nach den öffentlichen Kassen und malt zur Unterstützung der Forderung ein Arbeitslosenszenarium als Druckmittel erpresserisch an die Wand. 

Betrachten wir die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung der letzten drei Jahrzehnte, so sollte uns klar sein, dass es ein -Weiter so! - nicht geben darf. Ein Neustart der Wirtschaft birgt Chancen für Veränderungen.  Fördermittel dürfen nur da einsetzen werden, wo sie für das Gemeinwohl und für die Umwelt Sinn machen. Gewinnsucht, und Profitgier wirken auf Dauer zerstörerisch.

Daher erlaube ich mir aus aktuellem Anlass noch einmal einen Verweis auf meinen Blogeintrag vom 28.Februar 2020.

„BWL –Blenden- Wuchern- Lamentieren-

Wie die Betriebswirtschaftslehre zur Verrohung der Gesellschaft beiträgt“

erschienenen: Europaverlag 2019

Autoren: Prof. Christian Kreiß / Prof. Heinz Siebenbrock

  

Ich habe im oben genannten Sachbuch, über dessen Titel ich bereits im Februar meine Gedanken zu Papier brachte, eine Menge an Beispielen gefunden, die genau dieses egoistische Verhalten, das ich vorstehend aus meiner Sicht beschrieb, in allen Bereichen unserer Gesellschaft aufzeigt. Das sind weder Utopien noch Verschwörungstheorien sondern knallharte Fakten, die uns Leser zum Nachdenken veranlassen sollten. Der Gewinnmaximierung und dem Profitstreben erteilen die beiden Autoren eine deutliche Absage. Ihrer Ansicht nach müssen die Befriedigung der Bedürfnisse und das Gemeinwohl in den Fokus unseres Wirtschaftens rücken. Das ist ein zutiefst humanistischer Standpunkt.

Kreis und Siebenbrock führen uns vor Augen, dass sich das Streben nach Marktdominanz, Gewinnmaximierung und Profit  wie ein roter Faden durch alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens zieht. Während sich eine selbst ernannte Elite über alle Maßen die Taschen vollstopft, auch darüber machen die Autoren gesicherte Angaben, gerät die oft gering wertgeschätzte Masse Arbeitnehmer unter zunehmenden Leistungszwang.  Nur der Druck der Öffentlichkeit veranlasst die Wirtschaftsakrobaten, sich der Umweltproblematik zu stellen. Auch das erfolgt meist nur mit schönen Worte, aufgeblasenen Zielen,  leeren Versprechungen und Betrug, siehe Dieselskandal. Es werden weder Ressourcen geschont noch können nennenswerte Ergebnisse vorgezeigt werden.  Die Folgen sind bekannt.  Weil der Profit ganz oben auf der Agenda großer Unternehmen steht, werden wir manipuliert und abgezockt. Wie? Das erklären uns Kreiß und Siebenbrock ebenfalls sehr anschaulich.  Die Autoren merken kritisch an, dass schon in den Lehrbüchern der BWL und der Ökonomie die Gewinnmaximierung als dominante wirtschaftliche Ausrichtung propagiert wird und gesellschaftliche Belange z. B. soziale Ziele keine Erwähnung finden. Deshalb fordern sie eine Änderung der Lehrinhalte im Hinblick auf das Wohl der Gesellschaft. 

Es gibt aber auch Unternehmen, deren Inhaber und Geschäftsführungen die gesellschaftlichen Folgen der Jagd nach immer größeren Gewinnen erkannt haben. Sie stellen sich ihrer sozialen Verantwortung. Ihr Führungsstil ist menschlicher, denn sie betrachten die Arbeitskraft als Quelle der Wertschöpfung und nicht nur als beeinflussbaren Kostenfaktor, der beständig auf ein Mindestmaß gedrückt werden muss. Da wo Mitarbeiter nicht nur Humanressourcen (verfügbare Masse) darstellen, sondern zu wirklichen Mitarbeitern werden, weil man sie in die betrieblichen Prozesse einbindet, erfährt ihre Arbeitsleistung eine Wertschätzung.

 

Ich habe das Buch mit sehr großem Interesse gelesen, weil es mit aller Deutlichkeit Missstände aufzeigt, aber auch an konkreten Beispielen beweist, wie Unternehmen erfolgreich geführt werden können, wenn die Gewinnmaximierung nicht das oberste Ziel ist. Dem Leser werden Lösungen aufgezeigt, die in der Realisierung dazu führen, der Verrohung unserer Gesellschaft den Boden zu entziehen.

Nach dem Lesen dieser aufklärerischen Lektüre muss ich in meiner Schlussfolgerung mit beiden Autoren in der Meinung konform gehen. -Die derzeitige Betriebswirtschaftslehre, mit ihrer ausschließlichen Ausrichtung auf die Gewinnmaximierung, trägt zur Verrohung der Gesellschaft bei!- 

Wir haben jetzt die einmalige Chance beim Neustart nach Corona  Änderungen herbeizuführen. Jeder Arbeitnehmer,  Firmeninhaber, Neugründer, Geschäftsführer, BWLer oder Ökonomen sollte umdenken.  Unternehmen, die mit sozialer Verantwortung geführt werden, wo gute Produkte zu fairen Preisen umweltverträglich entstehen, das wäre doch ein erstrebenswertes Ziel. 

Welche gesellschaftlichen Veränderungen durch die Politik auf den Weg gebracht werden müssen, auch darauf wird in diesem Buch sehr anschaulich eingegangen. Umdenken und Handeln ist in dieser Zeit so wichtig, denn tun wir das nicht, trifft uns die Industriereform 4.0 mit voller Breitseite. Mit der Digitalisierung dringt der Strukturwandel in alle Bereichen unseres Lebens. Zunehmend wird die menschliche Arbeitskraft im Wertschöpfungsprozess durch die Automatisierung der Arbeitsprozesse ersetzt. Deshalb brauchen wir ein anderes, ein neues System für eine gerechtere Verteilung der Gewinne. Wie? Auch das ist im Buch nachzulesen.

Meinen Lesern lege ich diese interessante Lektüre und weitere Veröffentlichungen beider Autoren wärmstens an Herz. Denn am Anfang jeden Handelns steht immer die Erkenntnis und diese Bücher beinhalten Wahrheiten, die uns die Augen öffnen.

Abschließend noch ein „Wink mit dem Zaunpfahl“!

Wer sich zum Kauf  entschließt,  sollte dabei nicht zuerst an das große „A“ denken. Der Buchhändler um die Ecke freut sich über jeden Kunden und manche Verlage versenden sogar portofrei.

Meinen heutigen Blog begann ich mit einem Spruch aus der Antike. Ich beende ihn mit einem Gedicht unseres großen Dichters.

-deshalb und in diesem Sinne mit den besten Wünschen für die Zukunft

Ihre/Eure Veronika

 

Ein andres

Geh! gehorche meinen Winken,

Nutze deine jungen Tage,

Lerne zeitig klüger sein:

Auf des Glückes großer Waage

Steht die Zunge selten ein;

Du musst steigen oder sinken,

Du musst herrschen und gewinnen

Oder dienen und verlieren,

Leiden oder triumphieren,

Amboss oder Hammer sein.

(Goethe, Johann Wolfgang von (1749-1832)