Das Jahr in bunten Farben

 

 

Waldrebe

 

Zur Zierde meines Gartens stehst du im Morgentau

und überstrahlst den Tag mit einem herrlich Blau.

Wie zart sind deine Reben, wie groß die Blütenpracht,

die du mir streckst entgegen, dass gar mein Herze lacht.

Du holst das Blau des Himmels für mich auf Erden hier.

Könnt mich darin verlieren und dafür dank ich dir.

Grazil ist die Erscheinung, bescheiden wirkt dein Platz,

drum kürt ich dich mit Wonne zu meinem Gartenschatz.

© Veronika Kowoll

 

Herbstrosen

 

Vorbei ist aller Überfluss an Farben und an Wohlgeruch.

Noch reckt die Rose trotzig ihre Knospen hin zur Sonne

 und schmeichelt des Betrachters Auge,

wenn sie sich zart entblättert.

Nicht ahnend, dass die Nacht mit eisigem Griff

zur Krönung setzt ihr den kristallenen Reif.

So steht sie dann im Morgenlicht erstarrt in ihrer Herrlichkeit.

Vergehen wird der nächtlich Glanz in Tropfen,

die sanft den kühlen Boden netzen.

Nun ist der Abschied auch für sie gekommen!

Wie Tränen fallen ihre Blätter hin zur Erde.

Beginnt doch schon das letzte Spiel des Jahres,

da gleich der Wind  in seinem Übermut

das Bild verwirbelt von der edlen Tracht.

© Veronika Kowoll

Veröffentlichung : Jahrbuch Deutsche Lyrik 2021 (Brentano-Gesellschaft Frankfurt am Main)

 

 

Sanft will uns die Natur begrüßen...

 

Sanft will uns die Natur begrüßen,

mit Wiederkehr der wilden Pracht.

Aus allen Farbentöpfen schöpfend,

zeigt uns der Frühling seine Kraft.

 

Mild  kam er ins Land gezogen,

mit süßem Duft, sehr zart und fein.

Hüllt mit Verlässlichkeit und Wonne,

Baum und Strauch in Blüten ein.

 

Selbst was da grau am Boden kroch,

gedörrt von eisiger Winterluft,

schiebt sich im ersten zarten Grün,

beharrlich aus der Bodengruft.

 

Bald schwelgen wir in Farbenfülle,

hüllt uns die Frühlingslaune ein.

Beflissen machen wir uns auf

und greifen in das Wunder ein.

 

Mit Scheren, Spaten, Hacken, Schnur

wird  nun gestutzt und abgesteckt,

was im Moment des ersten Staunens,

sich kühn dem Licht entgegenstreckt.

 

So zähmen wir uns die Natur,

deren Urwüchsigkeit einst gut gelaunt.

Steht alles erst in Reih und Glied,

wird unsere Gärtnerkunst bestaunt.

© Veronika Kowoll

 

Frühling 

,

Täglich steigt die Sonne höher, 

wärmt mit ihrem hellen Schein,

Wiesen, Felder, erste Blumen,

Frühling zieht nun bei uns ein.

Apfelbäume leuchten rosa,

der Kirschbaum strahlt in weißer Pracht.

Kraniche ziehen ihre Kreise,

trafen ein vergangene Nacht.

Ich möchte jubeln, möchte jauchzen,

bin so unbeschwert wie nie.

Möchte mit den Vögeln zwitschern,

ihre Frühlingsrhapsodie.

Statt des Reifes legt sich Tau,

gezaubert wie von Geisterhand,

morgens auf die Wiesen nieder,

silbern strahlt das weite Land.

Frühling, nun hab ich dich wieder!

Gib mir die Muse zu genießen,

schenk mir die Liebe und die Kraft.

Sehe ich am Baum die Blätter sprießen,

steigt auch in mir der Lebenssaft.

Nur kurze Zeit darfst du verweilen,

dann folgt der sanfte Übergang.

Ich bleib dir treu in meinem Sehnen,

für heute und ein Leben lang.

© Veronika Kowoll

 

Mai

 

Frühlingsboten seid willkommen!

Veilchen und Vergissmeinnicht,

gerad der Wintersruh entsagt,

streben sie zum Sonnenlicht.

 

Auf den Feldern blüht der Raps,

Wind bewegt das goldene Meer, 

und der Duft der süßen Wogen,

strömt von Ferne zu uns her.

 

Lasst uns durch die Wälder streifen,

genießt der Buchen frisches Grün.

Schaut auf die Pracht am Wegesrande,

wo zaghaft wilde Kräuter blühn.

 

Fühlt Euch vom Frühling eingefangen,

macht Euch vom Winter endlich frei,

denn alles ist im raschen Wandel,

zu schnell vergeht der Monat Mai.

 © Veronika Kowoll 

 

 

Abschied

 

Was einst im satten Grün erschien, 

ziert nun den Herbst in bunter Tracht.

Jedoch der Zauber ist vergänglich,

er wird verschwinden über Nacht.

 

Blätter fallen wie Konfetti,

werden weit vom Sturm verweht.

Steigen auf und gehen doch nieder.

Seht, wie schnell der Herbst vergeht!

 

Zerstörerische Winde brausen,

mit Getöse übers Land.

Die Gischt vom Winde aufgeschlagen,

in Flocken stiebt sie an den Strand.

 

Nebel wälzt in zähen Schwaden,

über Wald und Feld und Flur.

Nun beginnt ein langsam Sterben,

in der geschundenen Natur.

 

Das ist die Zeit des Abschiednehmens,

auch der Geburt von Zuversicht.

Was nun vergeht, stirbt nicht vergebens,

gebiert erneut im Frühlingslicht.

 

Soll doch der Frost den Boden schließen.

Soll Schnee den Mantel drüber decken,

Aus Vergänglichkeit wird zartes Leben sprießen.

Gewiss, der Lenz wird`s neu erwecken!

© Veronika Kowoll