Wer spricht da von Gerechtigkeit?

Wer Gerechtigkeit erfahren will, darf nicht immer auf die Rechtsprechung hoffen!

Diese Lektion hat uns das Urteil des Bundesfinanzhofs v. 31.05.2021 in Sachen Doppelbesteuerung der Renten nachhaltig erteilt. Wer bis 2004 Rentenbeiträge einzahlte, egal an welchen Versorgungsträger auch immer, tat das nach der gesetzlichen Regel aus seinem voll versteuerten Einkommen.

Ab 2005 wurde auf der Grundlage des neuen Alterseinkünftegesetzes eine Umstellung vorgenommen. Der Gesetzgeber regelte damals, dass die Beiträge aus der Versteuerung herausgenommen und erst zum Zeitpunkt der Rentenzahlung nachgelagert versteuert werden. Die dafür notwendige Übergangsklausel für den Systemwechsel ist ein für den Laien fast undurchschaubares Gebilde, betrachtet man sie heute im Hinblick auf die Doppelbesteuerung. Denn wer als aktueller Bestandsrentner nun hoffte, dass wenigstens seine bis 2004 bereits versteuerten Einzahlungen in die Rentenkassen bei der Umstellung automatisch im Steuerbescheid Berücksichtigung finden, hatte sich kräftig getäuscht. Zwei Kläger, ein Zahnarzt und ein Steuerberater, unternahmen den Versuch,  für sich und alle anderen Rentenbezieher Gerechtigkeit zu erstreiten. Sie sind bis vor das Verfassungsgericht gezogen und doch letztendlich mit heutigem Datum, 31.05.2021, am Bundesfinanzhof, an welchen das Verfahren zur juristischen Klärung weitergeleitet wurde, gescheitert. Heute fiel das niederschmetternde Urteil für die Kläger und gleichzeitig hat man für die Allgemeinheit die Berechnungsformel festgelegt, nach der der Sachverhalt einer Doppelbesteuerung zukünftig festzustellen ist.

Das BVG vertrat die Ansicht, dass Doppelbesteuerungen verfassungswidrig sind. Somit ist der BFH in seiner heutigen Rechtsprechung der Aufforderung des BVG gefolgt, unabhängig von der Beurteilung der gerichtsanhängigen Klagen eine eindeutige und allgemeingültige Aussage zur Feststellung einer Doppelbesteuerung  zu treffen. Beide Einzelklagen wurden, wie schon angemerkt, abgewiesen. In der Urteilsbegründung verwies die oberste Richterin  des  X. Senats des BFH  auf eine erarbeitete Berechnungsformel zur Feststellung der Doppelbesteuerung, die nun in ihrer zukünftigen Rechtsgültigkeit bei allen 21 Millionen Rentnern  Deutschlands in Anwendung gebracht wird. 

Steuermindernd anerkannt wird in dieser Formel nur, was in Mark und Euro als Arbeitnehmerbeitrag in die Rentenkassen eingezahlt wurde und bereits einer Besteuerung unterlag. Steuergünstig wirken sich unter anderem vormalige  Zahlungen in Höhe der Beitragsobergrenzen oder Beitragszahlungen  bei Selbständigkeit aus.  Der Arbeitgeberanteil zur Rentenversicherung bleibt bei der steuerlichen Bewertung außen vor. 

In der negativen Gegenrechnung bei der Feststellung einer Doppelbesteuerung stehen die durchschnittlichen Lebenserwartungen aus den jeweils aktualisierten  Sterbetabellen  mit statistischen Werten  für männlich und weiblich,  Rentenerhöhungen für den Inflationsausgleich,  die Rentenanpassungsbeträge, eine zu erwartende Hinterbliebenenrente und der aktuelle steuerliche Grundfreibetrag. 

Dass die durchschnittliche Lebenserwartung bei der Feststellung einer Doppelbesteuerung ins Gewicht fällt,  möchte man kaum glauben.  Aber jeder der aufgeführten Negativfaktoren  hilft, dass sich  der Schaden für den Fiskus  in gewünschten Grenzen bewegt. Wer also als Bestandsrentner -männlich ist, demzufolge lt. Sterbestatistik eine geringere Lebenserwartung hat, selbständig war, wer auch noch Beiträge nahe der Obergrenze zahlte, ja, der kann unter gewissen Umständen Glück haben und mit einer Entlastung in der Rentenbesteuerung rechnen. Im Klartext: Mann und ehemals Gutverdiener muss man sein und keine Hinterbliebenenrente erwarten!  Eine Berechnungsformel,  die keiner auf Anhieb so richtig versteht, selbst nachdem sich Prof. Ekkehart Reimer von der Juristischen Fakultät Heidelberg um Erklärung des Münchner BFH Urteils bemüht. Hier noch einmal der Link zur Urteilsverkündung :   https://www.youtube.com/watch?v=IPM1SMGdyk8

 

Wessen Renteneintritt nach 2040 erfolgt,  hat 35 Jahre nach dem Systemwechsel 2005  seine Rente 100%ig  zu versteuern.

Es ergibt sich für derzeitige Arbeitnehmer  aus der nachgelagerten Steuer aber aktuell nur ein scheinbarer Gewinn, also  "etwas mehr Cash in de Täsch“.  Warum?  Die Summe der Beitragszahler schwindet aufgrund der demographischen Entwicklung und der wirtschaftlichen Lage.  Und das versucht die Rentenkasse mit Beitragserhöhungen  wenigstens in Ansätzen abzufangen. Was der Arbeitnehmer also an Steuern momentan spart, geht als Beitragserhöhung wieder "flöten". Warum die Beiträge steigen? Weil es heute schon hinten und vorn nicht reicht.

Wir erinnern uns noch einmal!  Es gibt ja diesen Generationenvertrag der besagt, dass die Jungen für die Alten das Rentensäckel füllen müssen! Also, wer  in die Kasse einzahlt, erwirbt lediglich einen Anspruch auf Rente und nicht auf Auszahlung seiner eigenen Beiträge. Seine aktuelle Rente zahlt somit die jüngere Generation.

Was jetzt an Steuern aktuell in der Kapitalertragszeit eingespart wird, fließt mit den Erhöhungen der Beiträge zeitgleich wieder in der Topf der Rentenkasse. Also ein hin und ein her!  Und weil auch das nicht reicht,  legt der Staat aus dem Steuersäckel fleißig nach. Mit der vollen Besteuerung der Renten holt man sich einen guten Teil wieder zurück. 

Anstatt das ganze Rentensystem zu reformieren, spielt man sinnfrei und unbekümmert "Rechte Tasche, linke Tasche" und kein Mensch sieht mehr durch.   Eine grundlegende Systemänderung schiebt man vor sich her, obwohl die Politik weiß, dass sie unabdingbar ist. An dieses Thema traut man sich anscheinen nicht heran. Dass man jetzt Berechnungsklauseln aus dem Hut zaubert, um die Ungerechtigkeit einer Doppelbesteuerung aus dem Blickfeld der Bestandsrentner zu bekommen, ist erst der Anfang. "Wenn der Sack aber nun ein Loch hat lieber Heinrich, was dann?"  Erleben wir dann Rentenkürzungen?  

Im Rentenalter, wo jeder Cent dreimal umgedreht bevor er ausgegeben wird, klafft  für manchen Rentner nach dem Eingang des Steuerbescheides gähnende Leere im Portemonnaie. Wer die Situation auf dem Arbeitsmarkt beobachtet, der weiß, dass noch auf viele heutige Arbeitnehmer unfreiwillig Lohnersatzzeiten und somit Arbeitslosengeld und Hartz IV zukommen werden, die das Rentenniveau zusätzlich senken. Das sind für unsere Enkel wirklich sehr schlechte Aussichten!

Wer dann später Jahres-Renteneinkünfte an der Grenze des Steuerfreibetrages in Höhe von ca. 10.000€ erhält, kann zwar davon nicht leben, geschweige denn Mieten zahlen, aber er hat den Trost, keinen Steuerobolus an den Staat entrichten zu müssen. Für einen Schlafsack und ein Plätzchen unter der Brücke reicht diese Rente allemal.

Die Rentenkasse hatte schon einmal einen gewaltigen Coup gelandet, als sie das Zahlsystem veränderte.

Ältere  Bestandsrentner erhalten Ihre Zahlungen in der Regel am 1.  des  Monats  für den Lebensunterhalt bis zu Monatsende. Neurentner bekommen die Bezüge erst am 31. des Monats auf das Konto überwiesen. Sie müssen also erst nachweisen, dass sie gelebt haben, bevor die Rente fließt. Somit hat sich die Rentenkasse bei der Verschiebung des Auszahldatums vom ersten auf den letzten Tag des Monats  die Rentenkasse künstlich aufgebessert.

Ja, so rechnet man sich die Welt schön, mit den Alten kann man es ja machen. Nachvollziehbar ist auch das nicht. Denn bei der Rente geht es um Ansprüche aus den vorangegangenen Beitragszahlungen  und nicht um Leistungen, die erst noch erbracht werden müssen, vergleichbar mit Arbeitsleistungen.  Aber das nur mal nebenbei zur Einschätzung unseres Rentensystems. 

Ca. 142000 Steuerzahler, die bereits Einspruch gegen ihren Steuerbescheid für das Jahr 2020 einlegten, auf Gerechtigkeit hofften, werden nun von der heutigen Rechtsprechung erschlagen und müssen zahlen. Rentner, die trotzdem Widerspruch gegen ihren Steuerbescheid einlegt haben, sind erst einmal in der Beweislast. Wer will sich da noch nach diesem Urteil zumuten,  Rechtsmittel in Anspruch zu nehmen und obendrauf durch Verfahrenskosten seine ohnehin schon jämmerliche Rente noch weiter schmälern. Wir haben es kapiert! Recht hat mit Gerechtigkeit nichts zu tun! Den Rentnern darf der Staat in die Tasche greifen, ganz legal. Und die, die uns regieren können sich bedienen, dass es nur so klingelt in der Kasse, ganz nebenbei auch Einkünfte aus Vermittlungsgeschäften kassieren und an der Pandemie verdienen, Weihnachtsgeld in Höhe von ca. 25.000 € verschweigen. „Dumm gelaufen, kann ja mal passieren!“ Corona-Boni gab es obendrauf. Nein! Nicht an der Krankenhaus- oder Pflegefront, sondern aus der grünen Parteikasse.

Aber ohne Neid!  Wir sind dafür wieder einmal um eine Erfahrung reicher. Und gelehrig wie wir sind, wissen wir nun, Recht und Gerechtigkeit sind zwei verschiedene Dinge! 

Und für das und vieles andere hoffentlich ein herzliches "Vergelt`s Gott" bei der nächsten Wahl!

in diesem Sinne

Ihre/Eure Veronika